oder Dreistigkeit als Normalität einer mafiösen Regierung
El Agua Mágica, das magische Wasser
Vor einem Jahr präsentierte die damalige Vizepresidentin Roxana Baldetti ein Wundermittel gegen die Verschmutzung des Amatitlán See. El „Agua Mágica“, das magische Wasser.
Der völlig verunreinigte Amatitlán See liegt etwa 25 km südlich der Hauptstadt Guatemalas. Etwa die Hälfte des gesamten Abwassers aus dieser x-Millionenstadt fließen ungeklärt in den See.
Dazu kommen je nach Regenzeit Tonnen von mit Schwermetall belasteten Sedimenten vom angrenzenden aktiven Vulkan Pacaya. Entsprechend ist der Zustand des Sees.
Dieses stark toxische Seewasser ist Grundlage für den Gemüseanbau dieser Region. Die regierungsnahe Organisation AMSA (Autoridades para el Manejo Sustentable de la Cuenca y del Lago de Amatitlán/Behörde zum nachhaltigen Management des Wassereinzugsgebietes und des Sees Amatitlán) ist für das Problem der Seeverunreinigung beauftragt. Was sie macht ist in erster Linie Sedimentreduzierung, Weiterleitung und Sammlung des Plastikmülls und Monitoring, daher die Erarbeitung und Darstellung der Belastungsart- und höhe. Ein Maßnahmenplan zur realen Reduzierung der Gewässerbelastung besteht nicht, ist auch nicht gewollt, da deren Umsetzung mehrere Millionen USD nach sich ziehen würde, in erster Linie für den Bau von Kläranlagen. Dass diese Millionen, auch Dank gezielter Spenden aus dem Ausland, zur Verfügung stehen bewies der 16,4 Millionen Euro Deal (137,8 Millionen GTQ) initiiert von Roxana Baldetti. Nur diese Millionen in Kläranlagen zu investieren, wäre ja verschwendetes Geld, zumindest für die privaten Taschen der mafiös strukturierten Machtinhaber_innen.
Die Beteiligten
Da bot sich der Unternehmer Uri Roitmann, Vertreter der israelischen Firma Tarcic, an. Mithilfe von Roitmann, Baldettis Sohn Mario Baldetti und weitere mind. 12 Personen überwiegend aus der Führungsliga der AMSA und dem Ministerium für Umwelt und Rohstoffe (Ministerio de Ambientes y Recursos Naturales Guatemala) wurde das Projekt „Agua Mágica“, das magische Wasser, umgesetzt. Dieses magische Wasser, soll die Folgen des „geographischen Unfalls“, so Baldetti, der für die Verschmutzung des Sees verantwortlich ist, beseitigen. Dafür sind die insgesamt 137,8 Millionen GTQ, die vertraglich vereinbart wurden, mehr als gerechtfertigt. Allein für die Formel des magischen Wassers wurden bereits 22,8 Millionen GTQ an Tarcic bezahlt.
Der Skandal um den Amatitlán See
In einer pressewirksamen Aktion, lies sich Baldetti filmen, wie sie aus einem Boot heraus mit der Hand Wasser aus dem Lago de Amatitlán schöpft und (anscheinend) trinkt.
Natürlich nachdem das „magische Wasser“ in den See gegossen wurde. Jeder Mensch, der nicht an Wunderheilungen von Gewässern glaubt und auch nur ansatzweise ein biochemisches Verständnis hat, wusste was hier vorging. Ganz sicher alle Mitarbeiter der AMSA und Millionen anderer. Es gab trotzdem keinen Aufschrei. Wie auch, wer, dem sein Leben und das seiner Familie noch was wert ist, sollte hier den Kopf vorstrecken? Wir schüttelten die Köpfe stattdessen und konnten nur noch lachen über diese offen gelebte Dreistigkeit die sich hier offenbarte.
Wir alle wussten, dass die meisten Regierungsgelder in die Taschen der Politiker_innen und ihren Helfer_innen verschwindet. Die Mafia regiert und nährt sich. Aber dieses zur Schau getragene Demonstration der Unangreifbarkeit jeglichen kriminellen Handelns stellte schon einen Höhepunkt dar.
Dank CICIG (Comisión Internacional contra la Impunidad)
wurden die Hintergründe aufgedeckt und aus einer normalen politischen Aktion wurde ein Strafverfahren. Heute, 01. März 2016, beginnt die Anhörung der 14 nun in Untersuchungshaft sitzende Tatverdächtigen. Auch aufgrund der unermüdlichen Protestaktionen und Großdemonstrationen gegen den mafiösen Politikapparat, bekam Cicig die weitere Legitimation hier zu agieren und aufzudecken. Ein erster Schritt…
Das „magische Wasser“ war übrigens schlichtes Salzwasser (magische Formel: n H2O + NaCl)